Bei fiktiver Abrechnung Reparatur in freier Werkstatt?

Nach einem Unfallereignis besteht die Möglichkeit, den Schaden auch fiktiv abrechnen zu lassen. Fraglich ist hierbei, welche Stundenverrechnungssätze gelten sollen, da teilweise erhebliche Unterschiede zwischen Markenwerkstätten und freien Werkstätten bestehen.

 

Der BGH hat in zwei Grundsatzurteilen („VW-Urteil“, vom 20.10.2009, Az. VI ZR 53/09 und „BMW-Urteil“ vom 23.02.2010, Az. VI ZR 91/09) entschieden, dass grundsätzlich auch die Verrechnungssätze einer freien Werkstatt heranzuziehen sind. Diese Vorgabe trifft den Geschädigten insoweit durch seine Schadensminderungspflicht. Wichtige Voraussetzung ist aber, dass die Reparatur in einer freien Werkstatt dem Qualitätsstandard der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.

 

Der BGH schränkt aber ein, dass bei Neufahrzeugen bis zu einem Alter von drei Jahren ein Verweis auf eine freie Werkstatt für den Geschädigten unzumutbar ist. Ebenso ist ein solcher Verweis unzumutbar, wenn der Geschädigte nachweisen kann, dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen.

 

Diesem Grundsatz hat sich auch das LG Lübeck (Urteil vom 07.05.2010, Az. 1 S 117/09) angeschlossen. Es führt weiter aus, dass bei Frage der Zumutbarkeit des Verweises auf eine freie Werkstatt der gesamte Zeitraum seit Erstzulassung des Fahrzeuges Berücksichtigung finden muss. Der Erwerber eines nicht gerade „scheckheftgepflegten“ Fahrzeugs kann die fiktive Abrechnung nach dem Kostensatz der markengebundenen Vertragswerkstatt nicht deshalb verlangen, weil er zuvor einmal in dieser eine Wartung oder Reparatur hat durchführen lassen. Ein solcher Anspruch ergebe sich nur dann, wenn das Fahrzeug seit Erstzulassung stets in einer Markenwerkstatt gewartet und repariert wurde.