Überstunden und ihre Vergütung

 

Überstunden sind ein wichtiges Instrument, um flexibel auf kurzfristig anfallenden höheren Bedarf an Arbeitskapazität reagieren zu können. Je größer die Fachpersonalknappheit wird, desto eher werden Überstunden eingesetzt, um Personalmangel aufzufangen.

 

Wie viele Überstunden sind zulässig?

 

Wie viele Überstunden rein rechtlich zulässig sind, regelt das Arbeitszeitgesetz:

 

Grundsätzlich darf ein Arbeitnehmer acht Stunden pro Werktag arbeiten. Die Arbeitszeit kann bis auf höchstens 10 Stunden am Tag angehoben werden, sofern die durchschnittliche Arbeitszeit von acht Stunden über einen Zeitraum von sechs Monaten oder 24 Wochen nicht überschritten wird. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die über die acht Stunden hinausgehende Arbeit aufzuzeichnen und zwei Jahre lang aufzubewahren. Überstunden können nur aufgrund vertraglicher Regelungen angeordnet oder der Arbeitnehmer kann aufgrund seiner Treuepflicht dazu angehalten werden.

 

Müssen Überstunden vergütet werden?

 

Die Vergütungspflicht von Überstunden kann sehr unterschiedlich ausfallen. Im Arbeitszeitgesetz wird über die Vergütung von Überstunden aber nichts gesagt.

 

Insofern hängt die finanzielle Seite der Überstunden vor allem von der arbeitsvertraglichen Gestaltung ab. Dennoch enthalten Arbeitsverträge häufig keine Aussagen hierzu. Daher kommt es häufig zu Streit hierüber.

 

Es gibt vertragliche Möglichkeiten, wie die oft sehr hohen finanziellen Belastungen bei der Überstundenvergütung eingedämmt bzw. verhindert werden könnten, ohne aber auf sie gänzlich verzichten zu müssen. Die folgenden verschiedenen Varianten können Arbeitgeber vor allem bei Neueinstellungen nutzen.

 

Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten

 

b) Pauschalabgeltung mit Höchstgrenze

 

Zulässig bleibt allerdings eine Pauschalabgeltung der Überstunden mit dem Grundlohn bis zu einer bestimmten Höchstgrenze. Für den Arbeitnehmer muss ersichtlich bleiben, wie viele Stunden er für das Entgelt arbeitet. Die Länge der abgegoltenen Zeit bestimmt sich je nach Höhe der Grundvergütung. D.h., es darf kein Missverhältnis zwischen Pauschalierung und angeordneten Überstunden entstehen. Das BAG hat einer Flexibilisierung des Lohns maximal zu einem Viertel zugestimmt (Urteil v. 29.5.2005 - Az. 5 AZR 52/05). Problematisch bei dieser Variante ist daher der relativ schmale Grad hin zur Unwirksamkeit.

 

a) Pauschale Abgeltungsklausel

 

In der Vertragsgestaltung vieler Arbeitgeber ist oft eine pauschale Abgeltungsklausel mit dem Ausschluss jeder Überstundenvergütung enthalten. Damit wird versucht, eine Mehrvergütung zu umgehen. Jedoch halten die Arbeitsgerichte diese Klauseln für unwirksam. Dabei spielt die Position des Arbeitnehmers, ob leitender Angestellter oder Bauarbeiter, keine Rolle.

 

c) Freizeitausgleich

 

Rechtssichere Alternativen können verschiedene Arbeits-zeitmodelle sein, sofern es tarifvertraglich möglich ist, sie anzuwenden:

 

Zum einen könnte mit den Arbeitnehmern vereinbart werden, dass sie geleistete Überstunden auch durch Freizeit statt in Geld ausgleichen. Auch hier können wieder Höchstgrenzen vereinbart werden, ab der eine finanzielle Vergütung erfolgt. Wurde Freizeitausgleich vereinbart, so hat der Arbeitgeber keine Pflicht, nicht freizeitlich genutzte Überstunden zu vergüten. Dieses System wird häufig in Form des Gleitzeitmodells praktiziert. Die mögliche finanzielle Entlastung löst aber nicht das Problem, dass einige Mitarbeiter einen erhöhten Freizeitausgleich haben und im Unternehmen somit zu bestimmten Zeiten ein Arbeitskräfte-mangel entstehen könnte.

 

d) Langzeitkonten

 

Dieses Problem besteht bei Langzeitkonten weniger und ist für den Arbeitgeber besser beherrschbar.

 

Die durch Überstunden angesparte Freizeit berechtigt den Arbeitnehmer zu einer Frühverrentung oder einer längeren Auszeit (Sabbatical).

 

e) Vertrauensarbeitszeit

 

Eine weitere Möglichkeit bietet die Einführung von Vertrauensarbeitszeit. Bei dieser wird grundsätzlich weder eine Zeiterfassung noch eine Zeitkontrolle durchgeführt. Es steht nur das qualitative Ergebnis des Arbeitnehmers im Mittelpunkt. Diesem ist es allein überlassen, wie er die Zielvorgaben zeitlich realisiert. Im Arbeitsvertrag wird nur ein Rahmen der täglichen/wöchentlichen Arbeitszeit vorgegeben. Der Arbeitgeber muss aber trotz fehlender Zeitkontrolle sicherstellen, dass die Höchstarbeitszeit nicht überschritten wird. Arbeitnehmer können sich Überstunden nur vergüten lassen, sofern sie ihre Arbeitszeiten aufzeichnen. Sinn dieses Modells ist aber, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit haben soll, Überstunden durch Freizeit zu kompensieren. Vertrauensarbeitszeit ist allerdings in der Praxis nicht für jeden Aufgabenbereich im Betrieb geeignet.

 

Wer muss Überstunden beweisen?

 

Bei Streitigkeiten ist es Aufgabe des Arbeitnehmers zu beweisen, wann und wie viele Überstunden geleistet wurden. Die Anforderungen daran steigen bei flexiblen Arbeitszeiten (Datum und Aufschlüsselung jeder Stunde). Er muss auch darlegen, dass die Mehrarbeit vom Arbeitgeber angeordnet oder zumindest geduldet worden ist, wobei die bloße Kenntnisnahme streitig ist. Bei nicht erfolgter Anweisung muss die Sachdienlichkeit der Überstunden erläutert werden.