Hochwasser im Wohnraummietrecht

 

2. „Jahrhundertflut“ in der mietrechtlichen Betrachtung

 

Ob des zweiten Hochwassers an der Elbe, Donau und ihren Nebenflüssen, kommt wieder die Frage, wie mit vertraglichen Rechten des Mieters im Wohnraum umzugehen ist.

 

Nachfolgend ein kurzer Abriß, der aber – da im Ergebnis immer der Einzelfall zu betrachten ist – nur als Übersicht anzusehen ist:

 

I Minderung der Miete

 

1.

Die Überflutung der Mieträume und der Nebenräume, Keller, Garage etc., wird als sog. „nachträglicher Mangel“ nach § 536 BGB behandelt.

 

Eine Minderung der Miete bis hin zur vollständigen Einstellung der Mietzahlung bei vollständiger Unbewohnbarkeit der Wohnung ist daher grundsätzlich möglich.

 

Dies dürfte immer dann der Fall sein, wenn das Hochwasser die Wohnung vollständig zerstört hat, eine Erreichbarkeit der Wohnung wg. des Hochwassers nicht möglich ist oder Zwangsevakuierungen auf Grund behördlicher Anordnung erfolgten, auch ohne das die Wohnung selbst vom Hochwasser überhaupt betroffen war.

 

Fehlt Warmwasser, so wir hierfür aber im Zweifel nur eine Minderung anzunehmen sein (15%: AG München, NJW-RR 1991, 845; 10%: KreisG Görlitz, WuM 1993, 113)

 

Für einen vollständigen Ausfall der Stromversorgung hat das AG Berlin-Neukölln (MM 1988, Nr. 5 S. 31) eine Minderung von 100% zuerkannt, was wohl bezogen auf die Frage der Bewohnbarkeit als zutreffend anzusehen ist.

 

Da der Vermieter nicht verpflichtet ist, die Heizungsanlage grundsätzliche im Sommer zu betrei-ben (Achtung: Dies gilt aber nur, wenn in den Räumen eine Wärme von 20 Grad auf Grund der Witterung erreicht wird. Sonst ist auch hier die Belieferung mit Heizleistung verpflichtend), gibt der Ausfall der Heizungsanlage nicht zwingend ein Recht zur Minderung. Gibt die Witterung (auch im Sommer) Anlaß zum heizen und liegt Heizleistung nicht an, dann sind Minderungen zwischen 10 % und 30 % anerkannt (Anmerkung: bis 100 % bei Totalausfall in der Heizperiode sind möglich)

 

2.

Das Recht des Mieters, sich auf die Mietminderung zu berufen, besteht unabhängig von einem Verschulden des Vermieters.

 

 

II Wiederaufbau / Schönheitsreparaturen / Schadenersatz

 

1.

Nach der gesetzlichen Konstruktion ist der Vermieter zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustandes der Mietsache verpflichtet. Diese Pflicht besteht verschuldensunabhängig. D.h. die gesamten Hochwasserschäden am Mietobjekt sind durch ihn zu beseitigen, einschließlich von ihm in die Wohnung eingebrachter Einrichtungen (z.B. Teppich, Einbauküche, Sanitäreinrichtun-gen, etc.).

 

Ist das Objekt vollständig zerstört, so besteht aber keine Wiederaufbaupflicht im Verhältnis zum Mieter. Das ggf. bei einer WEG eine solche Pflicht im Innenverhältnis der Eigentümer besteht, ist für die Bewertung der mietvertraglichen Verhältnisse irrelevant.

 

2.

Da der Mieter im Rahmen der Überleitung von Dekorationspflichten nur für die Abnutzung durch den vertragsgemäßen Gebrauch verpflichtet werden kann, treffen den Vermieter damit auch weiter die Durchführung der malermäßigen Instandsetzung der Wohnung, einschließlich Tapezierarbeiten.

 

3.

Ein Anspruch auf Schadensersatz setzt nach der Systematik des BGB ein Verschulden voraus.

 

Ein solches Verschulden wird im Hochwasserfall grundsätzlich nicht bestehen, so das ein Anspruch des Mieters gegen den Vermieter wg. der Zerstörung seiner Einrichtung durch das Hochwasser grundsätzlich ausscheiden.

 

Etwas anderes kann gelten, wenn Hochwasserschutzeinrichtungen, die der Vermieter eingebracht hatte (insbesondere Rückstausicherungen), defekt waren und der Vermieter schuldhaft von einer Reparatur abgesehen hat, obgleich er den Defekt kannte.

 

Eine Garantiehaftung des Vermieters dürfte auszuschließen sein, wenn gleich wir es in Teilen der Elbe jedenfalls bereits mit der 2. „Jahrhundertflut“ zu tun haben.

 

Schadenersatzansprüche können aber dann entstehen, wenn der Vermieter mit der Beseitigung der Schäden in Verzug gerät und dadurch zusätzliche Schäden an den Sachen des Mieters entstehen.

 

 

III Kündigung

 

Da der Vermieter zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs verpflichtet ist, kann der Mieter das Mietverhältnis kündigen, wenn der Vermieter mit der Abstellung der Hochwasserschäden – nach Fristsetzung – in Verzug gerät.

 

Ist aber erkennbar, dass auf absehbare Zeit das Objekt nicht Instand gesetzt werden kann, steht dem Mieter auch ohne vorherige Fristsetzung ein Recht zur Kündigung zu.

 

Im Regelfall wird den Vermieter aber in solchen Fällen kein Verschulden an einer auch längerfristigen Reparatur / Instandsetzung des Objektes treffen. Denn die Räume sind zu trocknen, die Statik zu prüfen, ggf. Heizungsanlagen vollständig zu ersetzten, etc, so dass auf Grund der Vielzahl der betroffenen Gebäude eine schnelle Fertigstellung der notwendigen Arbeiten wg. der hierzu im Verhältnis stehenden „wenigen“ Handwerksunternehmen und Fachleuten und wg. ggf. bestehenden Lieferschwierigkeiten oder beschädigter Infrastruktur eine zügige Herstellung des Objektes bereits ausgeschlossen sein sollte.

 

Damit wird der Vermieter im Falle einer Kündigung seines Mieters jedenfalls in der Regel nicht zur Übernahme von Kündigungsfolgeschäden verpflichtet sein (z.B. Umzugskosten, Differenzzahlung zu nun höheren Mieten).

 

 

IV Erstattung von Leistungen des Mieters

 

Der Mieter, der Beräumungsarbeiten oder Mangelbeseitigungsarbeiten am Objekt durchführt, kann – je nach konkreter Situation – Ersatz seiner Aufwendungen vom Vermieter verlangen.

 

Ein Erstattungsanspruch gilt jedenfalls dann, wenn der Mieter erste Reinigungsarbeiten, Sicherungsmaßnahmen oder Beräumungen (Achtung: Nicht die Beräumung des mieterseits beschädigten Gutes) vornimmt.

Hier wird man eine Aufforderung zur Mangelbeseitigung des Mieters gegenüber dem Vermieter (und den Vermieterverzug mit den Arbeiten) nicht fordern dürfen, wobei dies allerdings grund-sätzlich Voraussetzung eines Anspruches nach § 536 a BGB ist. Da es aber nach § 286 BGB keiner Mahnung bedarf, wenn aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen In-teressen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist, dürfte eine Mahnung entbehrlich sind.

 

Hinzu kommt daneben natürlich auch ein Anspruch aus der sog. Geschäftsführung ohne Auftrag, wenn die Arbeit im Interesse des Vermieters ist, was gerade bei Reinigung und Beräumung des Grundstückes naheliegend ist.