Sachverständigenentschädigung trotz Befangenheit

 

Ein Sachverständiger übernahm in einem Bauprozess die Beurteilung von Fragen zu Bauleistungen. Im Rahmen seiner Tätigkeit erbrachte er Sachverständigenleistungen von rund € 50.000,00, zu der ein gerichtlicher Anhörungstermin anberaumt wurde.

 

Innerhalb dieses Termins erklärte nunmehr der Sachverständige auf Nachfrage, dass er in den 80iger Jahren Geschäftsführer einer Firma gewesen sei, deren Gesellschaft zu 50% bei der am Streit beteiligten Klägerin beteiligt war. Auf den hiernach gestellten Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen wurde derselbe für Befangen erklärt.

 

Das OLG Rostock hatte nun zu entscheiden, ob in einer derartigen Situation der Sachverständige seine Sachver-ständigenvergütung behalten dürfe oder nicht. Mit seiner Entscheidung vom 16.07.2008, AZ. 2 W 31/08, lehnte das Gericht eine Rückerstattungspflicht der Sachverständigen-gebühren ab.

 

Grundsätzlich, so das Gericht, verliert der Sachverständige seinen Entschädigungsanspruch nur dann, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen begeht.

 

Im vorliegend zu entscheidenden Fall waren die Tätigkeiten des Sachverständi-gen als Geschäftsführer jedoch mehr als 20 Jahre zurückliegend. Auch wurden direkte Tätigkeiten nach Beendigung der Geschäftsführerstellung für die Klägerin im Verfahren weder nachgewiesen, noch behauptet.

 

Das Gericht konnte hiernach eine grobe Fahrlässigkeit nicht feststellen.

 

Mag die Entscheidung des OLG Rostock in diesem Kontext möglicherweise grenzwertig sein, so ist jedenfalls herrschende Auffassung, dass Fälle der groben Fahrlässigkeit dann gegeben sind, wenn der Gutachter erheblich von dem gerichtlichen Auftrag abweicht oder das Gutachten schwere Mängel beinhaltet oder der Sachverständige auf Ladungen des Gerichts zur Erörterung seines Gutachtens nicht erscheint.

 

Übernahmeverschulden sind in der Rechtsprechung anerkannt dann, wenn der Sachverständige trotz fehlerhafter Sachkunde einen Auftrag des Gerichts annimmt oder nicht auf in seiner Person liegende und nicht erkennbare Ablehnungsgründe hinweist.

 

Für das OLG Rostock waren - insbesondere in Bezug auf letztgenannte Fallgestaltungen - 20 Jahre allerdings ein derartiger Zeitraum, der eine solche Hinweispflicht nicht zwingend auslöste.

 

Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist allerdings die Frage zu stellen, wieso in diesem Falle dann der Sachverständige überhaupt wegen Befangenheit abgelehnt wurde.