Ortsbesichtigung durch den gerichtlichen Sachverständigen

 

Im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens setzte ein Sachverständiger zur Besichtigung einer Liegenschaft im Einvernehmen mit beiden Parteien den Termin um 11.00 Uhr an. Da der Sachverständige allerdings schon weit vor 11.00 Uhr am Objekt anwesend war, ließ er sich durch den Antragsteller Zugang zur Liegenschaft gewähren und besichtigte die bemängelten Bereiche. Die um 11.00 Uhr erschienenen Antragsgegner wurden daraufhin - der Sachverständige hatte seine Besichtigung vollständig abgeschlossen - gefragt, inwieweit der Termin weiter aufrecht erhalten werden solle.

 

Das auf dieses Verhalten gestützte Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit des Sachverständigen gab das OLG Saarbrücken mit der Entscheidung vom 27.04.2007 (AZ: 5 W 104/07) statt. Wer eine Ortsbesichtigung ohne Mitwirkung der Antragsgegner durchführe, erwecke den Anschein der Parteilichkeit. Dies rechtfertige sich bereits auf der objektiven Ebene aus einem Verstoß gegen das Gebot der Waffengleichheit, weil sich der Sachverständige der einseitigen Einflussnahme einer Partei aussetzen würde.

 

Die Entscheidung ist zu begrüßen, gewährleistet sie doch ein Stück weit, dass das Gebot der Waffengleichheit der im Antragsverfahren beteiligten Personen gewahrt wird. Dies ist nicht zuletzt deshalb wichtig, weil im Rahmen der Parteiöffentlichkeit durch den Sachverständigen immer beachtet werden muss, dass Parteien außer ihren Anwälten auch Fachleute mitbringen dürfen, folglich also auch fachliche Ausführungen von anwesenden Parteigutachtern mit unter Einfluss auf ein späteres Beweisgutachten haben. Aber nicht nur die oben benannte Umstände können zur Ablehnung eines Gutachters führen, sondern auch freundschaftliche oder gar verwandtschaftliche Kontakte zwischen am Streit beteiligten Parteien und Sachverständigen. Auch die intensive geschäftliche Zusammenarbeit mit einer Partei über Jahre hinweg rechtfertigt die Annahme der Befangenheit (OLG Oldenburg, Beschluss vom 28.06.2007, AZ: 5 W 77/07). Insoweit sollte man in jedem Falle als Beteiligter eines Verfahrens mit Sachverständigenbeteiligung den (ungeschriebenen) Pflichtenkatalog für Ortsbesichtigungen des Sachverständigen beachten, der regelmäßig folgenden Inhalt hat:

 

- Ladung beider Parteien und ihrer Prozessvertreter;
- Ladungsfrist von mindestens 10 Tagen;
- Wartefrist von ca. 15 Minuten vor Abhaltung des Ortstermins;
- Beachtung der Parteiöffentlichkeit.

 

 

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