WEG-Verband: Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen gegen den Bauträger

 

1.
Grundsätzlich gilt im Bereich des Wohnungseigentums, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 21 Abs. 1 und 5 WEG durch Mehrheitsbeschluss Erfüllungs-, Nacherfüllungs- und primäre Gewährleistungsrechte der Wohnungseigentümer an sich ziehen kann.

 

Lediglich dort, wo einzelne Wohnungseigentümer aus ihren Individualverträgen gegenüber dem Bauträger/Verkäufer auf großen Schadenersatz bzw. Wandlung des Kaufvertrages vorgehen, besteht eine solche Kompetenz nicht.

Derartige Rechte werden auch dann nicht für den Einzelnen dadurch überlagert, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Basis eines Beschlusses wegen der Verfolgung von Gewährleistungsrechten gegen den Bauträger vorgehen bzw. Vergleiche trifft.

 

2.
Die bis dato allerdings ungeklärte Frage war die, ob in den Fällen, in denen nur noch einzelne Wohnungseigentümer Gewährleistungsrechte gegenüber dem Bauträger haben, die WEG ebenfalls vollumfängliche Gewährleistungs- ansprüche aus diesen Vertragsverhältnissen geltend machen kann.

 

Die Regelungsbefugnis der WEG wurde deshalb in Frage gestellt, als dass in den Fällen, in denen nur noch einzelne Mitglieder Gewährleistungsan-sprüche haben, innerhalb der Eigentümer der Wohnungseigentümer-gemeinschaft gleichlaufende bzw. gleichgerichtete Ansprüche gegen den Bauträger nicht mehr bestanden.

 

Dieser Betrachtung erteilte der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 15.01.2010, Az: V ZR 80/09, eine Absage.

 

Nach Sicht des BGH's unterliegt es keinen vernünftigen Zweifeln, dass die Behebung von Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum dem gemeinschaftlichen Verantwortungs- und Kompetenzbereich der Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft zufällt. Die gemeinschaftliche Verantwortung der Wohnungseigentümer, das Gemeinschaftseigentum in einen ordnungsgemäßen Zustand zu überführen und zu erhalten, bestehe unabhängig davon, wie viele Wohnungseigentümer Ansprüche auf Herstellung eines vertragsgerechten Zustandes (gegen den Bauträger) zustehen.

Auch müsste berücksichtigt werden, dass die Mängelbeseitigungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum nur mit Zustimmung der Wohnungseigentümer vorgenommen werden dürfe, d.h. eigenmächtig durchgeführte Maßnahmen sogar auf Verlangen der Eigentümer rückgängig gemacht werden müsse.

Hier hätte also die Wohnungseigentümergemeinschaft die primäre Ausübungsbefugnis.


3.
Ergebnis dieser Rechtsprechung des BGH's ist für die Praxis, dass bei sukzessiver Veräußerung und Übergabe von Sondereigentum ein „Flickenteppich der Gewährleistungsansprüche insbesondere unter Maßgabe der Laufzeiten der Verjährung entsteht.

 

Als positiver Reflex - auch wenn dies nicht passieren sollte - kann sich also die Situation einstellen, dass die Gewährleistung, die die WEG geltend machen kann, nicht der strengen Regelzeit von 5 Jahren nach Werk- vertragsrecht unterliegt, sondern auch darüber hinausgehende Zeiten beinhalten kann.

 

Ebenfalls für die WEG als positiv zu betrachten ist der Umstand, dass im Kontext mit der Ansichziehung der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen aus Individualverträgen der betroffene Wohnungseigentümer kein „Vetorecht" hat.

Die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen durch den Verband ist - so ausdrücklich der BGH - bereits im individuellen Vertrag des Sonder- eigentümers mit dem Veräußerer beinhaltet. Dies hat zur Folge hat, dass auch bei entgegenstehenden Willen des Sondereigentümers ein Beschluss der WEG im Kontext mit der Ansichziehung von Gewährleistungsansprüchen erfolgen kann.